WACKEN 2025 | Samstag, 02.08.2025 1/2 - Holy Ground

Wacken Open Air 2025 – Samstag, 02.08.2025 – Tag 5

Der letzte volle Festivaltag beginnt um 11 Uhr – und das Gelände sieht aus wie ein einziger, brauner, zäher See. Der Dresscode in Wacken ist eindeutig: Obenrum Wacken-T-Shirt, Hawaiihemd oder Kutte, untenrum nur zwei Optionen – robuste Wanderstiefel oder Gummistiefel. Okay, es gibt noch eine dritte, aber eher für die ganz Harten: barfuß.
Ich selbst entscheide mich für einen kreativen Stilbruch: knallbuntes Hawaiihemd und tiefschwarze Gummistiefel – Metal trifft Urlaubsfeeling.

Erster Programmpunkt: TROLLFEST auf der Faster Stage. Schon lange vor Beginn ist der Fotograben rappelvoll – alle wollen die norwegischen „Balkan-Folk-Metal“-Clowns mit der Kamera einfangen. Im Infield herrscht dagegen noch gähnende Leere, weil die Eingänge geschlossen sind. Statt Bassdröhnen hört man nur ein paar Bühnenhelfer werkeln und einen Traktor mit Egge, der den Matsch bearbeitet, als wollte er Kartoffeln pflanzen. Die ersten Foodstände öffnen ihre Klappen und bereiten sich auf den Ansturm vor, während in der Ferne die Sonne kurz durch die Wolken lugt.

Am Rande des Geschehens eine Geschichte, die viele hier beschäftigt: Die „Wacken-Inflation“. Preise steigen jedes Jahr spürbar, und viele haben inzwischen eigene Vorräte „reingeschmuggelt“. Tüten vom örtlichen Bäcker und Wasserflaschen aus dem Supermarkt sieht man überall – eine stille Form des Protests gegen die Festivalpreise.

Nach 20 Minuten Verspätung öffnen sich die Tore, und das Publikum rennt zur Bühne. Doch… nichts passiert. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit tritt jemand vom Orga-Team auf und erklärt: Komplettes Technik-Setup musste neu gestartet werden. Dann endlich: TROLLFEST in voller Farbenpracht. Schrille Vogelkostüme, ein pink-orangefarbener Bühnenhintergrund und ein Flamingo, der im Crowdsurfing-Stil von der Bühne ins Publikum segelt. Die Mischung aus Balkanrhythmen, Metalriffs und aberwitziger Showeinlagen bringt alle zum Lachen – selbst hartgesottene Fotografen.

Nächster Stopp: DESTRUCTION auf der Louder Stage (13:45). Die Thrash-Metal-Urgesteine aus Weil am Rhein liefern gewohnt kompromisslos. Pentagramme und Dämonen zieren das Backdrop, und schon beim ersten Song muss am Schlagzeug etwas repariert werden – der Drummer spielt einfach durch, als wäre nichts passiert. Das Publikum dankt es mit unzähligen „Pommesgabeln“ in der Luft.

Weiter zu CROWNSHIFT auf der Headbangers Stage (16:00). Die finnische Band vereint Progressive Metal mit melodischem Death – ein frischer Act, der sich schon jetzt wie ein künftiger Geheimtipp anfühlt. Die Menge ist konzentriert, bangt im Takt und applaudiert lautstark nach jedem Song.

Um 16:30 Uhr übernimmt MASTODON auf der Faster Stage. Die US-Progressive-Sludge-Ikonen tauchen die Bühne in ein Meer aus Orange – die Lichtshow wirkt wie flüssige Lava, die über die Menge fließt. Trotz einsetzendem Nieselregen bleiben die Reihen dicht, und die Fans singen lauthals mit.

Zurück zur Louder Stage: DECAPITATED. Die polnischen Death-Metal-Veteranen werden von den Fans regelrecht auf die Bühne gerufen. „From Pain to Strength“ lautet ihr Motto – und sie meinen es ernst. Blastbeats wie Maschinengewehrfeuer, Gitarrenriffs wie Kettensägen. Meine Ohren nehmen es sportlich – oder tun zumindest so.

Vor der nächsten Band gönne ich mir das inoffizielle In-Getränk des Festivals: Saint Tonic – Tonic Water mit Ingwerlikör und Eis. Frisch, scharf und genau das Richtige, um dem nassen Wetter zu trotzen.

OBITUARY beschließen meinen Abend auf der Louder Stage. Die Death-Metal-Legenden aus Florida spielen laut – sehr laut. Die Bühne liegt im Nebel, dazu prasselt Regen von oben. Das Publikum? Völlig unbeeindruckt. Pits wirbeln, Bierbecher fliegen, und die Stimmung ist ungebrochen.

Während ich den Tag Revue passieren lasse, fällt mir etwas auf: Die Louder Stage hatte heute eine beunruhigend logische Reihenfolge – Destruction (Zerstörung), Decapitated (Enthauptet), Obituary (Nachruf). Ein makabrer Running Gag? Vielleicht. Aber irgendwie passt es zu Wacken.

Fazit Tag 5: Schlamm, Sonne, Regen – und Bands, die von buntem Spaßmetal bis zum kompromisslosen Death Metal alles abdecken. Die Festivalmeute zeigt sich unerschütterlich: Egal ob Matschsee oder Ohrenschock – gefeiert wird bis zum letzten Ton.

Wacken Open Air 2025 – Festivalfazit:

Wacken 2025 war – wie so oft – eine Frage des Wetters. Zwischen Sonnenstrahlen und Platzregen erlebten wir alles, was das norddeutsche Klima zu bieten hat. Ein goldener Tag mit Sonne satt war uns vergönnt, aber der Rest des Festivals zeigte sich von seiner klassisch schlammigen Seite. Das Gelände verwandelte sich zeitweise in eine knöcheltiefe Schlammlandschaft – eine echte Wackener Schlammschlacht, wie sie im Buche steht.

Doch wer Wacken kennt, weiß: Der Schlamm gehört dazu wie die Pommesgabel zur Faust. Und so wurde aus jeder Pfütze ein Tanzboden, aus jedem Regenschauer ein Grund, den Poncho überzuwerfen und noch ein Bier zu holen.

Trotz aller Wetterkapriolen war die Stimmung durchweg großartig: friedlich, ausgelassen, herzlich. Die Wacken-Crowd bewies wieder einmal, warum dieses Festival mehr ist als nur ein Event – es ist ein Lebensgefühl. Entspannte, nette Menschen, die aus aller Welt kommen, um gemeinsam zu feiern, sich im Schlamm zu suhlen, zu headbangen, zu lachen und neue Freundschaften zu schließen.